Smart City: Soest Markus 30. August 2021

Smart City: Soest

Blick über die Stadt Soest
Soest im Sonnernuntergang
Blog

In der Informationswissenschaft werden Kommunen an ihren Kriterien zur Digitalisierung gemessen. Dieses Entwicklungskonzept wird als Smart City bezeichnet. Anhand von fünf Kriterien lässt sich bestimmen, ob sich eine Stadt als smart, also intelligent, bezeichnen lässt. Die Kommune Soest hat besonders in den letzten Jahren stark nachgeholt und wesentlich in die Digitalisierung der Stadt investiert wenn sie auch nicht so innovativ vorangeht wie es beispielsweise die Stadt Monheim tut. Dennoch wächst das Glasfasernetzangebot und auch autonome Busse werden testweise eingefüht. Ob dies allerdings ausreicht, damit die Stadt Soest als Smart City bezeichnet werden könnte, lässt sich an eben diesen Kriterien messen.

Kriterien der Smart City

Die fünf Kriterien einer Smart City umfassen möglichst alle Bereiche des alltäglich Lebens. Dazu zählen Politik & Verwaltung, Kommunikation & Data Management, Energie & Umwelt, Mobilität und Gesellschaft. Dazu ist anzumerken, dass diese Aspekte nicht allgemein bewertet werden, sondern in ihrer intelligenten Gestaltung. Dafür müssen diese Elemente nicht zwingend digital oder technologisch umgesetzt worden sein, sondern effizient und nachhaltig.

Politik & Verwaltung

Es gibt gleich mehrere Gründe, weshalb eine smarte Verwaltung einer Stadt notwendig ist. Je größer Kommunen werden, desto schwieriger wird ihre Verwaltung. Sowohl vonseiten der Stadt als auch der Bürger/innen. Daher ist es von großem Vorteil, intelligente Schnittstellen anzubieten. Hierfür bietet die Stadt Monheim gleich mehrere Möglichkeiten.

  • StadtLABOR: Die Kommune bietet mit dem StadtLABOR einen physischen Raum innerhalb der Stadt an, in der sich Bürgerinnen und Bürger persönlich über Projekte erkundigen können oder auch eigene Anregungen vorbringen dürfen. Es ist eine sehr gute Möglichkeit Menschen mit geringer digitaler Affinität an zukunftsorientiere Projekte heranzubringen. Für Menschen, die sich für die Digitalisierung ihrer Stadt interessieren, ist dies ohnehin eine ausgezeichnete Möglichkeit mit der Stadt in Kontakt zu treten.
  • Mitdenken Soest: Wer nicht in das StadtLABOR möchte und trotzdem wissen will, welche Projekte geplant sind oder Ideen einbringen möchte, kann auf www.mitdenken-soest.de gehen und sich direkt selbst erkundigen. Dort sind diverse Projekte aufgelistet und ermöglichen es Bürger/innen sich selbst zu beteiligen. Mit einem Klick kann der Ablauf, der aktuelle Stand und Möglichkeiten zur Beteiligung am Projekt abgerufen werden. Zudem können Bürger/innen auch eigene Beiträge veröffentlichen, mit Themen, die sie selbst beschäftigen.
  • Online-Services: Die Stadtverwaltung ermöglicht es sowohl Unternehmen als auch Bürger/innen bestimmte Unterlagen direkt online einzureichen. Dazu gehört zum Beispiel die Bewerbung auf KiTa-Plätze, An- und Abmeldung der Hundesteuer sowie Abfallbehälter und KFZ-Ummeldung. Soest bietet dies im eigenen Portal als Alternative zu den klassischen Dienstwegen mit Formular. Diverse Prozesse sparen so Zeit und Papier. Dies ist ein wichtiger Schritt zum papierlosen Büro. Dadurch kann nicht nur sehr viel Papier, sondern auch Energie eingespart werden. Die Effizienz ist zudem deutlich höher, da grundlegende Daten automatisch verarbeitet werden können, ohne einen Sachbearbeiter zu benötigen.
    Dazu ist allerdings anzumerken, dass nach unseren Tests einige Dienst schon seit Monaten nicht aktiv sind und auch nicht ersichtlich wird, wann dies wieder der Fall ist. Eine Ummeldung eines KFZ, war von April bis Juli beispielsweise nicht möglich. Dafür konnte zumindest online ein Termin im entsprechenden Amt vereinbart werden.

Kommunikation

Unter Kommunikation und Data Management ist alles im Zusammenhang mit Internet und Informationsverwaltung zu verstehen. Sowohl die Verbreitung der jeweiligen Kommunikationsnetzwerke als auch ihr technischer Standard. Insbesondere hinsichtlich des immer noch schwachen Ausbaus von Glasfaser in Deutschland, spielt dies für alle Einwohner, Unternehmen und die Verwaltung eine maßgebliche Rolle. Kommunikation gilt wohl auch als eindeutigstes Kriterium für eine Smart City.

  • Glasfaserausbau: Laut BMVI und dessen Breitbandatlas, lässt sich gut erkennen, dass die leitungsgebundene Internetversorgung in Kreis Soest fast vollständig abgeschlossen ist. Das bedeutet allerdings nur, dass über 90% der Haushalte über einen Anschluss mit mindestens 50 Mbit/s verfügen. Das ist aber immer noch mindestens 3 Mal mehr, als der bundesdeutsche Durchschnitt verfügt. Für die digitale Industries wird deutlich mehr verlangt. ein Anschluss über 1Gbit/s ist primär der Stadt Soest und wenigen Orten im Westen vergönnt.
    Nicht alle Leitungen sind allerdings an das Glasfasernetz angeschlossen. Viele nutzen das alte Kabel- oder Kupfernetz (Vectoring). Dabei steckt Soest noch mitten im Ausbau des Glasfasernetzes.
  • Öffentliches WLAN: Immer mehr Kommunen bieten ihren Bürger/innen öffentliches WLAN an. In Soest gibt es laut Freifunk etwa 13 offene WLAN-Hotspots. WLAN durch Cafè und andere private Anbieter sind hier nicht mit eingerechnet. Zwar will die Stadt Soest in ihren Rathäusern Gästen WLAN zur Verfügung stellen, öffentliche Zugänge in der Stadt konnten wir allerdings nicht finden.
  • Netzabdeckung: Laut Breitbandmessung gibt es in Monheim keine Funklöcher. Die meisten Zellen decken 4G, also das schnellste Netz ab. Wenige, primär in Blee, bieten lediglich 3G an. Damit schließt sich die Stadt dem Standard des Umfelds an.
  • Chatbot: Die Stadt Soest ist bei der Umsetzung eines Chatbots, also eines KI-gestützten Chatsystems, das Fragen von Bürger/innen möglichst automatisch beantwortet. Dieser wurde besonders während der Hochphase der Corona-Pandemie genutzt, um allgemeine und spezifische Informationen zur Verfügung zu stellen. Knapp 7.000 Anfragen wurden dem Bot zu diesem Thema erteilt, die so nicht via Mail oder Telefon abgearbeitet werden mussten.

Energie & Umwelt

  • Energiegewinnung: Die Stadt Soest setzt auf einen regionalen Energiemix. Dieser besteht nach eigenen Angaben zu 28% Windkraft 25% aus Solarenergie, 23% Wasserkraft, 17% Biogas und nur 7% Blockheizkraftwerken. Dadurch besteht der Mix aus mindestens 76% erneuerbaren Energien. Abhängig davon, ob man Biogas ebenfalls dazu zählt. Der ökologisch erzeugte Strom ist in Soest also vergleichsweise hoch.
  • Bürgerwolke: Was zunächst nach einer städtischen Cloud für Bürger/innen klingt, ist eigentlich viel näher an ihrem ursprünglichen Begriff. Mithilfe einiger Sensorboxen, misst die Stadt Soest zusammen mit dem Frauenhofer Institut IOSB-INA und dem Deutschen Wetterdienst die klimatischen Veränderungen innerhalb der Stadt. Wodurch komplexe Modelle des städtischen Klimas berechnet und später zur Stadtplanung genutzt werden kann. Bürger/innen sind explizit angehalten ebenfalls zu messen. Dazu sollen diese etwa 100 solcher Sensorboxen selbst betreuen dürfen, wenn sie sich an dem Projekt beteiligen wollen. Mehr dazu findest du hier: https://www.mitdenken-soest.de/buergerwolke 

Smarte Mobilität

  • E-Mobilität: Mit der Plattform MobiHell möchte die Stadt Soest die Mobilität allgemein verbessern, aber besonders nachhaltiger gestalten. So soll es für Pendler/innen über die Plattform möglich sein Fahrgemeinschaften zu organisieren. Auch Firmen sollen Firmenschuttles als auch Car-Sharing anbieten können. Dies soll auch für ländlichere Gegenden mit schwacher Infrastruktur dienlich sein.
  • Autonome Busse: Europaweit erstmalig wurden in Monheim am Rhein Buslinien eingeführt, die vollautomatisch vorgegebene Strecken abfahren. Dies setzt nun auch die Stadt Soest in ähnlich kleinem Rahmen um. Dabei handelt es sich um vergleichsweise kleine Busse mit bis zu zwölf Plätzen. Konstruiert wurde dieses Modell EZ10 vom französischen Hersteller EasyMile. Dabei fährt der Bus nicht ganz alleine, sondern muss statt mit einem Busfahrer von einem Operator überwacht und zur Not bedient. Grundsätzlich fährt der autonome Bus bisher mit etwa 11 km/h durch die Altstadt, deren Wege primär von Fußgängern und Radfahrer/innen genutzt werden. Die Daten, die bei diesen Fahrten gesammelt werden, sind wichtige Informationen für mögliche weitere autonome Busse, die den regulären Busbetrieb übernehmen könnten. Die Vorteile eines autonomen Linienverkehrs wären weitreichend. Busfahrer könnten sich mehr um Fahrgäste als um die Strecke kümmern, wenig genutzte Linien könnten auf Abruf fahren und so deutlich CO2 und Kosten einsparen.
  • Straßenzustand auswerten: Um den Zustand der Straßen in einem Autoland wie Deutschland warten zu können, braucht es viel Personal und verursacht hohe Kosten. Grundlage dessen sind aber Daten. Um zu wissen in welchem Zustand einzelne Straßen sind, bestückte die Stadt Soest ihre kommunalen Fahrzeuge mit einem Smartphone und diese wieder mit einer KI, die befahrene Straßen aufzeichnen und auswerten. So entsteht eine Datenlage, die sowohl Fußgänger/innen, Radfahrer/innen als auch Autofahrer/innen nutzt.
  • Automatisierte Bustickets: Um es Kund/innen zu vereinfachen mit dem Bus zu fahren, hat die Stadt Soest zusammen mit Partnern, ein Ticketsystem entworfen, das automatisch die Fahrt misst und ein passendes Ticket bucht. Dazu verbindet sich beim Einsteigen in den Bus das Smartphone via Bluetooth mit dem Ticketsystem und registriert die Fahrt. Beim Aussteigen bucht die App dann das günstigste Ticket für diese Fahrt selbstständig. Genutzt werden kann das System mit der App Mobilinfo.

Gesellschaft

Eine Smart City besteht natürlich nicht nur aus der Verwaltung, sondern vor allem auch aus ihren Bürger/innen. Diese müssen sich auch untereinander vernetzen lassen. Denn so paradox es klingt, entfremden sich Menschen in größeren Städten schneller als in kleineren. Daher kann das Defizit mit verschiedenen sozialen Plattformen ausgeglichen werden.

  • Digitaler Mängelmelder: Die Stadt Soest plant derzeit einen Mängelmelder, in dem Bürger/innen mögliche Straßenschäden, Vandalismus und andere Probleme in der Stadt melden können. Diese Meldungen werden dann von Mitarbeitern der Stadt zugeordnet und dann den entsprechenden Ämtern zugeteilt. Dieser Mängelmelder ist zum Zeitpunkt der Recherche (30.08.21) nicht in Betrieb.
  • Bürgerbeteiligung: Sowohl mit der Plattform Mitdenken als auch dem StadtLABOR, werden Bürger/innen in Entscheidungsprozesse mit einbezogen und haben die Möglichkeit aktiv Einfluss auf die Stadtentwicklung zu nehmen.

Stand Deutschland im Vergleich

Laut einem Ranking aller Smart Citys in Europa smart-cities.eu, welche von der TU Delft und TU Wien unterstützt wird, wurden einige Städte Europas ausgewertet. In dieser Auflistung befinden sich die 70 am weitesten entwickelten Städte im Bereich Digitalisierung. Davon erreichen gleich 6 Städte Deutschlands eine Platzierung in diesem Ranking. Damit ist Deutschland verhältnismäßig häufig in dieser Statistik. Italien und Polen sind mit 5 Städten vertreten. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass Deutschland ein sehr einwohnerstarkes Land ist und eine Rechnung pro Einwohner das Bild wieder deutlich ändern würde. Grundsätzlich lässt sich allerdings sagen, dass sich damit Deutschland mindestens im Durchschnitt, wenn nicht sogar im oberen Drittel platziert. Betrachtet man das Ganze auf einer globalen Skala, schneidet Deutschland nicht mehr so gut ab. Laut smartcitygovt.com liegt beispielsweise Berlin erst auf Platz 29 von insgesamt 50 Top Smart Citys.

Auch wenn Forscher/innen primär Großstädte analysieren, ist eine breite Aufstellung aller digitalisierten und smarten Städte in Deutschland wichtig. Denn besonders auf dem Land benötigt es viel Unterstützung durch technischen Fortschritt. Schnelles Internet, eine durchdachte Informationsinfrastruktur und Mobilität ermöglichen es Defizite in weniger dicht besiedelten Gebieten auszugleichen. Sowohl wirtschaftlich, gesellschaftlich als auch medizinisch. Daher ist der Fortschritt auch in kleineren Städten wie Monheim am Rhein sehr wichtig.